Rationalisierung
Rationalisierung - Betriebsführung wie ein kaufmännisches Unternehmen
von Ingo Ehrlich
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Das mit der geschilderten Betriebsführung auf Nebenbahnen bei der Deutschen Bundesbahn kein annährend wirtschaftlicher Verkehr möglich war, ist selbstredend. Nach dem 2. Weltkrieg führte der Mangel an Allem zu einem Wiederaufbau der Eisenbahninfrastruktur ohne nennenswerte Veränderung an Fahrzeugen und Strecken.
Die Deutsche Bundesbahn war aber nach dem Bundesbahngesetz und nach den Verkehrsänderungsgesetzen verpflichtet, ihren Betrieb wie ein kaufmännisches Unternehmen zu führen. Aufgrund dieser Verpflichtung standen Überlegungen zur Wirtschaftlichkeit fortlaufend im Fokus.
Ein Hauptaugenmerk für die Entwicklung eines rentablen Betriebs war die Abkehr von der Dampflokomotive. Anfang der 1950ziger Jahre waren rund 14.000 Dampflokomotiven im Einsatz. Gleichzeitig gab es nur 439 Elektro-Lokomotiven und nur etwa 1.500 km des rund 30.000 km großen Streckennetzes waren elektrifiziert. Die Entwicklung leistungsfähiger Großmotoren führte ab 1950 zur Erprobung und anschließendem Serienbau von Diesellokomotiven für alle Bereiche der Zugförderung. Durch die Dieseltechnik war in wirtschaftlicher Hinsicht ein grandioser Effekt erreicht worden:
- da Diesellokomotiven nur von einer Person gefahren werden können, wurde der bisherige Heizer nicht mehr benötigt.
- weniger und günstigere Wartung
- Unabhängigkeit von stationärer Infrastruktur (Betriebswerke, Wasserkräne)
- höherer Wirkungsgrad beim Energieeinsatz
- höhere Reichweite beim Einsatz
- keine störenden Rauch-, Ruß- und Ölemissionen für die Reisenden und Anwohner
- bessere Arbeitsbedingungen für das Personal
Schon ab 1952 sorgten Schienenbusse als so genannte Retter der Nebenbahnen für einen umfassenden Strukturwandel sowohl auf Nebenbahnen als auch im leichten Dienst auf Hauptbahnen. Schon recht früh wurden daher die ersten betriebstauglichen Diesel-Lokomotiven in Dienst gestellt. Insbesondere erwähnenswert sind die Baureihen V 80 (Baujahr 1952), V 60 (1955), V 200 (1956) und V 100 (1958).
Cirka 10 Jahre vor ihrer schweren Beschädigung beim Großbrandes im Lokschuppen des Betriebswerkes Nürnberg am 17. Oktober 2005 zog 23 105, die letzte am 2. Dezember 1959 an die DB übergebene Dampflokomotive, am 23. September 1995 einen Sonderzug bei Jodbad Sulzberg (Strecke Kempten-Reutte). Foto Stefan Eisenhut
Dennoch wurden noch bis 1959 moderne und neu konstruierte Dampflokomotiven bei der Deutschen Bundesbahn in Dienst gestellt. Als letzte Dampflokomotive wurde 23 105 dem Bahnbetriebswerk Minden übergeben. Während von der Baureihe 23 105 Stück gebaut wurden, sind aufgrund des rasch einsetzenden Strukturwandels von den anderen in dieser Zeit noch gebauten Dampflokomotiven nur geringe Stückzahlen in Dienst gestellt worden. So etwa nur 2 Lokomotiven der Baureihe 10 (Baujahr 1957), die als Ersatz der Baureihen 01 bzw. 01.10 gedacht war. Ein ähnliches Schicksal erlitten die Baureihen 65 mit 18 Stück (Baujahr ab 1951) und 66mit zwei Stück (Baujahr 1955). Auch die 41 Lokomotiven der Baureihe 82 (Baujahr ab 1950) wurden bemerkenswerter weise schon vor den Länderbahn-lokomotiven wie etwa die Baureihe 94 ausgemustert, die sie eigentlich hätte ersetzen sollen.
Die konsequente Fortsetzung der bereits vor dem 2. Weltkrieg begonnenen Umstellung wichtiger Eisenbahnstrecken auf elektrischen Betrieb reduzierte zum anderen zusätzlich die Einsatzgebiete der Dampflokomotiven. Bis 1968 waren cirka 8.000 km Strecke elektrisch befahrbar und auch im Weiteren wurde die Elektrifizierung zügig fortgesetzt. Anfang der 1980ziger Jahre waren über 11.000 km Strecke elektrisch betrieben auf denen 85% aller Fahrleistungen stattfanden. Dennoch warten einige wenige Hauptstrecken selbst heute noch auf diesen Traktionswechsel.
Die endgültig letzte Fahrt einer Dampflokomotive bei der DB fand im Dezember 1977 statt. Von da herrschte bis zum 150jährigen Geburtstag der deutschen Eisenbahn 1985 ein striktes Dampflok-Verbot bei der Deutschen Bundesbahn, so dass Dampfbetrieb in West-Deutschland nur noch auf den wenigen Museums- oder Privatbahnen erlebt werden konnte.
Die Umstellung der Traktion von Dampf-auf Diesel- und Elektrolokomotiven stellt im 20. Jahrhundert die bedeutendste strukturelle Änderung bei beiden Deutschen Bahnen dar, die allerdings auf den fortschrittlichen Ansätzen der Deutschen Reichsbahn fußt.
Auch bei den Elektrolokomotiven orientiere sich die Deutsche Bundesbahn anfänglich am Weiterbau der bewährten Güterzug-Lokomotive E 94, von denen 43 Stück von 1954 bis 1956 beschafft worden sind. Von der Vorkriegs-Schnellzug-Lokomotive E 18 lieferten Krupp und AEG noch zwei Lokomotiven als Nachzügler zur Vorkriegsserie.
Die Beschaffung neu entwickelter Elektrolokomotiven begann 1952 mit fünf Vorserien-Maschinen der Baureihe E 10.0, die der Erprobung künftiger Serienbeschaffungen dienten und zum Bau der E 10.1 (Baujahr ab 1956), E 40 (Baujahr ab 1957), E 41 (Baujahr ab 1956) und E 50 (Baujahr ab 1957) führten, die mit Ausnahme der E 41 und E 50 noch heute im Dienst stehen.
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