Das besondere Bild – Schantung Eisenbahn Gesellschaft

Gute Bilder der Schantung Eisenbahn Gesellschaft sind selten. Umso mehr habe ich mich über dieses Bild der Nr. 1 der Schantung-Eisenbahn Gesellschaft, erbaut mit Fabriknummer 55 in 1900 von Humboldt gefreut. Die Maschine entspricht der preußischen T3, so wie alle Erstlieferungen des Jahres 1900 preußischen Bauarten entlehnt waren. Neben den vier T3 wurden auch sechs T9.1 geliefert. Das zweite Bild zeigt eine solche Maschine, die Nummer 17, von Borsig 1900 mit der Fabriknummer 4810 geliefert. Die 1901 beschafften 2'C Universallokomotiven für den Streckenbetrieb waren bereits eine eigenständige Bauform, die sich freilich an andere Entwürfe der deutschen Lokomotivindustrie für den Einsatz in Übersee anlehnten. Das dritte Bild zeigt die mit der Nr.73 die letzte dieser insgesamt 23 von Vulcan, Hartmann und der BMAG gelierten Maschinen. Die 73 wurde 1910 von der BMAG mit der Fabriknummer 4597 geliefert. Schließlich noch ein viertes Bild einer der 1913/14 von der BMAG beschafften Expresslokomotiven, welche den schnellen Reiseverkehr übernehmen sollten. Diese trugen die Betriebsnummern 301-306.

Good pictures of the Schantung Railway Company are rare. So I was all the more pleased to see this picture of No. 1 of the Schantung Railway Company, built by Humboldt in 1900 with factory number 55. The machine corresponds to the Prussian T3, just as all the first deliveries in 1900 were borrowed from Prussian designs. In addition to the four T3s, six T9.1s were also delivered. The second picture shows such a machine, number 17, delivered by Borsig in 1900 with the factory number 4810. The 2'C universal locomotives for mainline operation procured in 1901 were already an independent design, although they were based on other designs from the German locomotive industry for overseas use. The third picture shows No. 73, the last of a total of 23 machines built by Vulcan, Hartmann and BMAG. The 73 was delivered by BMAG in 1910 with the factory number 4597. Finally, a fourth picture of one of the express locomotives procured by BMAG in 1913/14, which were intended to take over fast passenger services. These carried the road numbers 301-306.

 


Aufgenommen wurde das Bild von einem französisch-sprechenden Fotografen bzw. Reisenden, dessen Bilder mit einer Stereokamera entstanden. Da alle Glasplatten fortlaufende Nummern haben, lässt sich die Reiseroute gut nachvollziehen - wobei ich das angesichts der ca. 500 Glasplatten nur für den Anfang und den Ast Shanghai-Tsingtau nachvollzogen habe. Da die Dampferfahrpläne überliefert sind, ließe sich vermutlich durch das Zusammenfügen aller Puzzlestücke das tagesgenaue Datum der Aufnahme ermitteln. Leider ist diese Aufnahme in der Sammlung die einzige von der Schantung-Eisenbahn Gesellschaft.

The picture was taken by a French-speaking photographer or traveler whose pictures were taken with a stereo camera. As all the glass plates have consecutive numbers, the route of the journey can be easily traced - although I have only traced it for the beginning and the Shanghai-Tsingtau branch in view of the approx. 500 glass plates. As the steamship timetables have been handed down, it would probably be possible to determine the exact date of the photograph by putting all the pieces of the puzzle together. Unfortunately, this photograph is the only one from the Schantung Railway Company in the collection.

Die Reise begann, wie die Beschriftung erklärt, in San Francisco auf der "SS Mongolia" im Dezember 1908 und führte zunächst nach Shanghai. Zumindest habe ich keine Bilder von Hongkong gefunden, dem eigentlichen Fahrtziel der "SS Mongolia". Von Shanghai ging es dann im Januar 1909 auf der "Staatssekretär Kraetke" nach Tsingtau, ein Katzensprung mit Abfahrt nachmittags um 15:00 Uhr und Ankunft in Tsingtau am Morgen des übernächsten Tages. Die Aufnahme entstand bei der Ankunft in Tsingtau von Bord des Schiffes, wie die auf der rechten Stereoaufnahme sichtbare Dachpartie des Dampferdecks beweist. Ich habe mir die Freiheit genommen die Aufnahme digital so zu modifizieren, dass die auf den quadratischen Stereoaufnahmen jeweils links und rechts fehlenden Bereiche zu einem Gesamtbild addiert wurden. Inklusive Entfernung des Dampferdaches. Sonst hätte ich entweder auf den links die Karre ziehenden Chinesen oder das hintere Ende des Zuges verzichten müssen.

As the caption explains, the journey began in San Francisco on the “SS Mongolia” in December 1908 and initially led to Shanghai. At least I have not found any pictures of Hong Kong, the actual destination of the “SS Mongolia”. From Shanghai, the “Staatssekretär Kraetke” sailed to Tsingtau in January 1909, a stone's throw away, departing at 15:00 in the afternoon and arriving in Tsingtau in the morning of the day after next. The photo was taken on arrival on board the ship, as the roof section of the steamer deck visible on the right-hand stereo image shows. I took the liberty of digitally modifying the shot so that the areas missing on the left and right of the square stereo shots were added together to create an overall image. Including the removal of the steamer roof. Otherwise I would have had to do without either the Chinese man pulling the cart on the left or the rear end of the train.

Der Pelzmantel der Dame beweist, dass es ein kalter Morgen gewesen sein muß. Aufmerksamkeit verdienen auch die Güterwagen, die sich von den sonst ebenfalls an den preußischen Güterwagen der Verbandsbauart orientierenden Typen unterscheiden.

The lady's fur coat proves that it must have been a cold morning. The freight wagons also deserve attention, as they are different from the other types, which are also based on the Prussian freight wagons of the Union type.

 

Das Bild mit der T9.1 zeigt einen aus Kiautschou in Tsingtau einlaufenden Güterzug. Da die Aufnahme auch als Postkarte vom "Verlag Max Grill, Kaufhaus, Tsingtau" vertrieben wurde und diese noch eine ungeteilte Rückseite besitzt, liegt das Aufnahmedatum zwischen 1900 und 1905, also der frühen Zeit der Schantung Eisenbahn Gesellschaft.

The picture with the T9.1 shows a freight train arriving in Tsingtau from Kiautschou. As the picture was also distributed as a postcard by “Verlag Max Grill, Kaufhaus, Tsingtau” and it still has an undivided back, the date of the picture is between 1900 and 1905, i.e. the early days of the Schantung Railway Company.

Wären nicht die Menschen und die von europäischen Bauformen etwas abweichenden Gebäude links im Bild, so könnte das Bild auch irgendwo in preußischen Landen entstanden sein. Sowohl Lokomotive als auch Wagen machen einen durchweg preußischen Eindruck. Und der ursprünglich von Borsig an den Lokomotiven angebrachte Kuhfänger hat offensichtlich die ersten Betriebsjahre nicht überlebt. Nur auf den Bildern des Eröffnungszuges der Bahn prangt er noch an der Pufferbohle der Maschine.

If it were not for the people and the buildings on the left of the picture, which differ somewhat from European designs, the picture could have been taken somewhere in Prussia. Both the locomotive and the carriages make a thoroughly Prussian impression. And the cowcatcher originally fitted to the locomotives by Borsig obviously did not survive the first years of operation. It can only be seen on the buffer beam of the locomotive in the pictures of the inaugural train.

 

Das Bild der Nummer 73 entstand bereits nach dem Ende der japanisch-britischen Belagerung im Frühjahr 1915. Viele der Brücken der Bahn waren zerstört worden und so steht die Maschine hier auf einer provisorisch wieder instandgesetzten Brücke. Man erkennt an der Maschine viele "preußische" Konstruktionsmerkmale, ohne dass dieser Typ jemals für die Königlich Preußische Eisenbahnverwaltung gebaut worden wäre. Diese Maschinen trugen als Universallokomotiven die Hauptlast des Verkehrs auf der 412 km langen Strecke von Tsingtau (heute Qingdao) bis Tsinanfu (heute Jinan), eine Reise, die mit den gemischten Zügen fast 13 Stunden dauern sollte.

The picture of number 73 was taken after the end of the Japanese-British siege in the spring of 1915. Many of the bridges on the railroad had been destroyed and so the machine is standing here on a provisionally repaired bridge. Many “Prussian” design features can be seen on the engine, although this type was never built for the Royal Prussian Railway Administration. As universal locomotives, these engines carried the main load of traffic on the 412 km route from Tsingtau (now Qingdao) to Tsinanfu (now Jinan), a journey that took almost 13 hours with the mixed trains.

 

Auf diesem Foto sehen wir eine der Personenzuglokomotiven mit dem in Tsingtau aus Tsinanfu eingelaufenen Expresszug. Das Aufnahmedatum lässt sich sehr genau eingrenzen, folgt der Lokomotive doch einer der beiden erst 1914 von der Dessauer Waggonfabrik gelieferten 4-achsigen Post-Packwagen PwPost4ü, welche ursprünglich für den durchgehenden Postverkehr Berlin-Tsingtau gedacht waren. Dementsprechend hatten sie Wechseldrehgestelle für 1435 mm und die russische 1524 mm Spur. Außerdem besaßen sie die Kombination von Schraubenkupplung und chinesischer Janney-Kupplung, um ab Tsinanfu auf den chinesischen Streckenteilen verkehren zu können. Da die Belagerung Tsingtaus am 13.September 1914 begann, kann die Aufnahme angesichts der belaubten Bäume nur zwischen dem späten Frühjahr 1914 und dem 12.September 1914 entstanden sein. Vielleicht sogar dem 1.August, dem Tag der Kriegserklärung des deutschen Reiches an Russland. Zu den geplanten Durchläufen Berlin-Tsingtau ist es nie gekommen, allerdings waren die Wagen wohl bis Peking im Einsatz. Sie trugen die Betriebsnummern Cdb 121, 122.

In this photo we see one of the passenger locomotives with the express train arriving in Tsingtau from Tsinanfu. The date of the photo can be narrowed down very precisely, as the locomotive is following one of the two 4-axle PwPost4ü mail-packing wagons delivered by the Dessau wagon factory in 1914, which were originally intended for through mail traffic between Berlin and Tsingtau. Accordingly, they had interchangeable bogies for 1435 mm and the Russian 1524 mm gauge. They also had a combination of screw couplers and Chinese Janney couplers in order to be able to run on the Chinese parts of the line from Tsinanfu. Since the siege of Tsingtau began on September 13, 1914, the photo can only have been taken between late spring 1914 and September 12, 1914, given the leafy trees. Perhaps even August 1, the day the German Empire declared war on Russia. The planned Berlin-Tsingtau runs never took place, but the wagons were probably in service as far as Peking. They bore the road numbers Cdb 121, 122.

In der Herstellerbeschreibung der Dessauer Waggonfabrik finden sich für diese Wagen folgende Angaben: LüP 20,5 m, Eigengewicht 30 t, Ladegewicht 12 t, 1 Gepäckabteil, je 1 deutsches und chinesisches Postabteil mit Seitengang, 1 Dienstabteil für das Zugpersonal, 1 Abort, je 1 Vorraum an jedem Wagenende, Gerippe des Wagens Eisenprofile, außen naturlackiertes burmesisches Teakholz, innen Kiefernholzverkleidung. Ferner Dampfheizung, Westinghousebremse, Petroleumbeleuchtung.

The following information can be found for these wagons in the manufacturer's description of the Dessau wagon factory: Length 20.5 m, tare weight 30 t, load weight 12 t, 1 luggage compartment, 1 German and 1 Chinese mail compartment with side aisle, 1 service compartment for the train crew, 1 lavatory, 1 vestibule at each end of the wagon, frame of the wagon iron sections, natural varnished Burmese teak on the outside, pine paneling on the inside. Steam heating, Westinghouse brake, kerosene lighting.

Die Entwicklung der Bahn zeigte sich neben dem Einsatz reiner Personenzuglokomotiven auch in der kurz vor Kriegsbeginn getätigten Bestellung von acht 1'E Güterzuglokomotiven, die bedingt durch den Krieg und den Verlust der Bahn an Japan storniert wurde und nie zur Ausführung kam. Stattdessen rollten dort später amerikanische 2-8-0 ALCO Maschinen.

In addition to the use of pure passenger locomotives, the development of the railroad was also reflected in the order for eight 1'E freight locomotives placed shortly before the start of the war, which was canceled due to the war and the loss of the railroad to Japan and was never completed. Instead, American 2-8-0 ALCO locomotives later ran there.

Hans Kobschätzky

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